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Exkurs „Von der Göttin zur Gattin“

Sie ist komödiantisch verrückt und kabarettistisch rasierklingenscharf. Lioba Albus nutzte ihre Figuren als eine wunderbare Gelegenheit, ihre Wandelbarkeit voll und ganz auszuspielen. Mit scharfer Zunge seziert sie in ihrem Programm „Von der Göttin zur Gattin“ nicht nur die Ehe und die Verhaltensweisen junger Menschen – wo die Jungs in Schlabberhose und junge Frauen in ihre Jeans geschossen werden, um wie Presswürste auszusehen.

Das Ganze kommentiert sie mit sauerländischem Akzent, setzt immer wieder neue geistige Akzente und geht manchmal arg unter die Gürtellinie. Aber das Bielsteiner Publikum lachte am vorletzten Abend der Reihe „Seven-Nights-of-Fun“ gerne und viel. Ihr Programm „Von der Göttin zur Gattin“ ist eine kabarettistische Tour de force durch die Abwasserkanäle deutscher Kleinfamiliengemütlichkeit. Und die Gemütlichkeit habe Mia Mittelkötters Mann – der noch nie der „Wummenitzer“ vor dem Herrn gewesen sei – in die Vergänglichkeitskurve tief in seinem Sessel gebracht, wo er schon so richtig Herbst habe. Einzig sein blauweißer Fußballverein lasse Testosteron bei ihm entstehen. Wenn seine Gelsenkirchener mal gewonnen haben, brauche er Beistand von der „Östrogen-Fraktur“ und Mia könne sich schon mal aufs Elf-Meter-Schießen im Schlafzimmer einstellen. Aber bevor sie noch intensiver auf den aktuellen Stand ihrer Ehe einging, fing sie bei der Entstehungsgeschichte von Mann und Frau an. Bei ihr erschafft Gott jedoch erst einmal die Frau – „er ist männlich und braucht den pausenlosen Beifall“. Aber das Dauergezeter nervte auch ihn und so schickte er beide ins Trainingslager auf die Erde. Leider warte auch dort jede Frau sehnsuchtsvoll auf Texte, die ein Mann gar nicht auf der Festplatte habe. Ganz plastisch stellt sie ein „typisch deutsches Familienfest“ dar. In Sekundenschnelle ändert sie ihr Kostüm und hält in Männerkleidung eine bissige Festrede als ein guter Freund des Gastgebers. Mit Schnapsflasche in der Hand und immer auffallenderen Bemerkungen bei steigendem Alkoholpegel. Da wird die Ehefrau des Gastgebers als blutleeres Pantoffeltierchen, die ein hormoneller Irrtum war, betitelt – mit der der Redner allerdings ein sehr intimes Verhältnis hatte, wie er dann auch noch ausplaudert und immer vulgärere Ausführungen hinzufügt. Nach diesem Programmpunkt gestand Lioba Albus, dass sie dem Publikum diesen schwierigen Teil nicht vorenthalten konnte, denn irgendwann habe jede mal so einen Besoffenen am Hacken – „wenn sie Glück hat, heiratet sie ihn nicht“. Auch die spätpubertierenden Möchtegern-Männchen, die sich lebensbedrohliche Innenstadtrennen lieferten hatte sie auf dem Kieker. Und natürlich wurde es nicht nur gesellschaftskritisch, sondern auch politisch. Für die Rassisten schlage sie die Schaffung eines eigenen Terrains vor. Im Ruhrgebiet sei Untertage viel frei, denn „wer unterirdisch denkt, soll auch unterirdisch leben“. Lioba Albus bewegt sich zwischen fein und gemein. So weiß sie, dass sich ältere Frauen Pfeif-Gartenzwerge mit Bewegungsmelder anschaffen, weil sie nicht mal mehr von Bauarbeiter beachtet werden, wenn sie vorbeigehen. Mit Perücken- und Kleidungswechsel schlüpfte sie in Null-komma-nichts in eine andere Rolle und demonstrierte so, wie viele Facetten der Darstellung sie als Kabarettistin darbieten kann – und das Ganze mit sehr viel Sprachwitz. Ein toller Abend!

Vera Marzinski

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